Nach Waldbrand auf Teneriffa: Die Normalität beginnt nur langsam
Der Waldbrand auf Teneriffa geht als der schlimmste seit Jahrzehnten in die Geschichte der Kanarischen Inseln ein. Was von dem historischen Unglück bleibt.
Foto: Atbrif
Die Berge in Teneriffas Norden kehren allmählich zur Normalität zurück. Sofern das möglich ist, in einer Umgebung, die für Jahre in schwarz-grau getunkt bleibt. Doch immerhin die Vögel zwitschern wieder. Und auch erste Grüntöne mischen sich zaghaft zwischen die verbrannte Vegetation.
Die blanken Zahlen klingen bereits furchteinflößend. Denn in weniger als zwei Wochen ist eine Fläche von mehr als 14.700 Hektar in einem Umkreis von 90 Kilometern verbrannt. In Summe wurden zwölf Gemeinden betroffen. Der entstandene Schaden wurde bisher bereits auf 80 Millionen Euro geschätzt.
Aktuell überwiegt die Freude über das nahende Ende des Waldbrands auf Teneriffa. Doch noch schwerer wiegt die Angst. Denn viele Anwohner fürchten, dass sich Feuer wie dieses wiederholen werden. Und ganz unwahrscheinlich ist das nicht.
Waldbrand auf Teneriffa: Schmerz bei 26.000 Evakuierten sitzt tief
Teneriffas Insel-Präsidentin, Rosa Dávila, bezeichnete den Waldbrand als “Umweltkatastrophe”. Der hatten sich Hunderte Helfer entgegengestellt. Allein auf Teneriffa wurden mehr als 110 Feuerwehrleute aktiviert. Zudem wurden 34 Fahrzeuge der Militärischen Notfalleinheit (UME), 133 Mitglieder der Guardia Civil, vier Flugzeuge, vier Hubschrauber und eine Feuerwehr des Ministeriums für den Ökologischen Wandel eingesetzt.
Der Schmerz bei den mehr als 26.000 Menschen, die zwischenzeitlich in Sicherheit gebracht werden mussten, sitzt tief. Zwar wurden keine Todesopfer verzeichnet und auch größere Schäden an Häusern blieben aus, doch die Anwohner der betroffenen Gemeinden Fasnia, Güímar, Arafo, Candelaria, El Rosario, Tacoronte, El Sauzal, La Matanza de Acentejo, La Victoria de Acentejo, Santa Úrsula, La Orotava und Los Realejos tragen seelische Narben davon.
Nicht nur beim Waldbrand auf Teneriffa: Die Kanaren halten zusammen
Untergebracht wurden sie zwischenzeitlich in verschiedenen Einrichtungen. Dazu gehörten Pavillons in La Orotava oder La Matanza, die Sporthalle in La Victoria, eine Unterkunft im Stadtzentrum von El Sauzal, die Ringer-Arena in Santa Úrsula oder die Casa del Emprendedor im Industriegebiet von La Gañanía in Los Realejos.
Doch die meisten von ihnen waren bei Freunden und Verwandten untergekommen. In Katastrophenfällen wie dem Vulkanausbruch auf La Palma oder dem Waldbrand auf Teneriffa rücken die Kanarios noch enger zusammen als sonst.
Egal, ob Verwandte untergebracht oder die Einsatzkräfte verpflegt werden mussten: Die Welle der Solidarität war riesig. Und auch der Empfang für die abrückenden Wasserflugzeug-Piloten zeigte den Zusammenhalt und die Dankbarkeit für die große Hilfe in den anstrengenden Wochen.
Umweltschäden drohen: Das Klima auf den Kanaren wird extremer
Der Waldbrand auf Teneriffa wird in einem Atemzug mit den Feuern von 2019 auf Gran Canaria und 2016 auf La Palma genannt. Die Schäden aller drei Waldbrände zusammen sind unermesslich. Und die Sorge wächst.
Denn in den vergangenen Jahren ist das Klima auf den Kanarischen Inseln extremer geworden. Es dauert manchmal nur zwei Tage und eine Hitzewelle weicht einer Kaltluft-Front mit Unwettern und großen Sturm- und Wellen-Schäden.
Die Brandbekämpfung ist längst nicht mehr die einzige Sorge der Kanarios. Denn auch das Meer holt sich immer öfter Teile dessen zurück, was ihm in den vergangenen Jahrzehnten entnommen und bebaut wurde.
War es Brandstiftung: Die Ermittlungen auf Teneriffa laufen
Doch derzeit konzentrieren sich die Beamten auf Teneriffa weiter darauf, die Brandschäden zu beseitigen. Und herauszufinden, wie das Feuer entstanden war. Denn seitdem der Präsident der Kanarischen Inseln, Fernando Clavijo, sehr früh von Brandstiftung sprach, ist der Druck auf die Ermittler der Guardia Civil hoch. Deren General sprach von “langwierigen und sehr teuren Ermittlungen”. Und die dauern an.
Genau wie die Löscharbeiten. Denn das Feuer gilt inzwischen als kontrolliert, doch das letzte Glutnest ist längst noch nicht beseitigt. Auch deshalb sind die Berge der betroffenen Gemeinden noch immer partiell gesperrt.
Nach dem Waldbrand auf Teneriffa steht auch die Politik unter Druck
Gustavo Pérez, Bürgermeister von Güímar, spricht von harter Arbeit, die geleistet wurde. Dass die Gemeinde nicht noch schlimmer betroffen wurde, lag “ohne Zweifel an dem enormen Einsatz und der Koordination aller Sicherheits- und Einsatzkräfte, die an der Löschung dieses Feuers beteiligt waren”. Ähnlich sehen das auch seine Kollegen in den anderen, vom Feuer betroffenen Gemeinden auf Teneriffa.
Doch nun fordern immer mehr Anwohner konkrete Pläne, damit ein kleines Feuer nicht erneut historische Schäden wie zuletzt auslösen kann. Während Clavijo bewusst Druck auf die Ermittler aufbaute, steht gleichzeitig auch seine Regional-Politik im Fokus. Sie muss nun Lösungen erarbeiten, damit nach 2016, 2019 und 2023, nicht schon bald die nächste Jahreszahl auf den Kanarischen Inseln mit einem Waldbrand historischen Ausmaßes assoziiert wird.
Quelle: teneriffa-news.com