Geschlossenes Café del Sol, verschwindender Strand, neue Fußgängerzone: Wie steht es um Cala Millor auf Mallorca?
Cala Millor steht kurz vor dem Winterschlaf, nur sechs Hotels bleiben auf. Und doch stehen viele Themen an. Interview mit dem Tourismusdezernenten der zuständigen Mallorca-Gemeinde, Nicolau Bordal
Das Lokal des ehemaligen "Café del Sol" in Cala Millor auf Mallorca liegt aktuell verlassen da SOPHIE MONO |Sophie Mono
16·11·22 | 10:25
Ein immer schmaler werdender Strand, ein emblematisches Lokal, das verfällt, und die gerade gestartete Verschönerungsmaßnahmen im Zentrum: Der Küstenort Cala Millor im Osten von Mallorca steht vor einigen Herausforderungen. Zeit für ein Interview mit dem Tourismusdezernenten von Sant Llorenç, Nicolau Bordal.
Frage: Zum Monatsbeginn sind die großen Umbauarbeiten an der Einkaufsstraße Avinguda Cristòfol Colom gestartet. Was erwartet uns?
Antwort: Das ist die zentrale Flaniermeile, abgesehen von der Promenade natürlich, und es ist bald 30 Jahre her, dass sie renoviert wurde. Sie hat es wirklich nötig. Zwei von drei Bauphasen sind konkret für diesen Winter geplant, da reden wir von rund 2,7 Millionen Euro – allesamt vom Rathaus bezahlt. Von der Urlaubersteuer oder dem EU-Fonds Next Generation haben wir keinen Cent gesehen. Wir werden einige der Pergolas abreißen und durch Grünflächen und Bänke ersetzen, andere werden restauriert und mit Solarzellen bestückt, die den Strom für die Beleuchtung erzeugen sollen. Auch den Boden gestalten wir komplett neu, nach einem Design von Javier Mariscal, einem der bekanntesten spanischen Designer. Und wenn wir schon einmal dabei sind, wird auch die Kanalisation erneuert. Wir versuchen, bis Ostern alles fertigzubekommen.
Nicolau Bordal, 65, ist Tourismusdezernent im Rathaus von Sant Llorenç und war zuvor jahrzehntelang selbst im Tourismus tätig. | FOTO: SOPHIE MONO SOPHIE MONOF: Das hatte man bei den Umbauarbeiten in Cala Ratjada dieses Jahr auch vor. Dort zogen sie sich letztlich bis in den Hochsommer.
A:Die haben es übertrieben. Wenn wir uns das hier leisten würden, würde man uns umbringen (lacht). Fraglich ist eher, wann wir die geplanten Verschönerungs- und Sanierungsarbeiten in den angrenzenden Straßen angehen und fertigstellen können. Das hängt noch davon ab, ob wir doch Fördergelder bekommen.
F: Angedacht war auch mal ein Fahrradweg von Cala Millor zur Via Verde.
A: Das Projekt haben wir ausgearbeitet, aber es ist noch nicht eingetütet. Auch hier fehlt noch das Geld. Der Fahrradweg soll von Biggi’s Café bis zum Kreisverkehr von Son Carrió führen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.
F: Gilt das auch für die Zukunft des Café del Sol? Seit dem Frühjahr ist es dicht und verfällt, weil der Vertrag mit dem alten Pächter auslief.
A: In den vergangenen Monaten gab es Tausende Ideen dazu, und noch mehr Gerüchte, was mit dem Lokal geschehen soll. Eine Überlegung war, die Tourismusinfo in das Lokal zu verlegen. Eine andere, alles abzureißen. Aber wenn sich nicht noch einmal alles ändert, dann wird es ein gastronomisches Lokal bleiben, denn in dieser Funktion ist es emblematisch für Cala Millor. Wir haben das schon konkret ausgearbeitet (zeigt der Redakteurin Computergrafiken, auf denen das Innere in dezenten Naturtönen gestaltet ist, Anm. d. Red.). Das Projekt wollen wir nun zur öffentlichen Ausschreibung freigeben, und zwar mit sehr konkreten Vorgaben, damit nicht zig verschiedene Vorschläge aufeinanderprallen.
F: Eine Wiedereröffnung zur Saison 2023 also?
A: Die bürokratischen Mühlen mahlen langsam, zumal das Gelände teils dem Rathaus, teils dem Inselrat und teils der Küstenbehörde gehört. Aber mit etwas Glück kann das Projekt bald öffentlich ausgeschrieben werden und die Umbauarbeiten können Anfang 2023 beginnen. Bis zum Saisonstart fertigzuwerden, wird wohl wieder etwas knapp, aber vielleicht kann es im Frühsommer so weit sein. Dann aber bestimmt unter anderem Namen – Café del Sol hatte ja der ehemalige Betreiber registriert. Wer es dann pachten wird, ist noch vollkommen offen.
F: Die Pläne sehen nach gediegenem, hippem Beach-Style aus – deutlich edler als bisher?
A: Mit Badeanzug darf man dort wohl künftig nicht reingehen, aber dafür gibt es ja auch noch die große Terrasse, auf der es legerer zugehen kann. Welche kulinarische Ausrichtung es sein wird, ist dann Sache des neuen Betreibers, ebenso, ob und wie oft es Livemusik gibt.
F: Viele Urlauber beklagen den Rückgang des Sandstrands am südlichen Ende der Bucht.
A: Auch wir im Rathaus beklagen das seit Jahren, aber all unsere Pläne zur Regenerierung oder Anpassung des Strandes wurden von den höheren Instanzen abgeschmettert. Unser Plan ist folgender: In den kommenden vier Jahren werden Wissenschaftler in dem von der EU geförderten Projekt Life Adapt Cala Millor studieren, wie sich der Klimawandel auf den Strand von Cala Millor auswirkt und wie der sich weiter entwickeln könnte. Sie werden auch Handlungsempfehlungen dazu geben, wie man mit dem Strandrückgang umgehen sollte. Ob zum Beispiel die Uferlinie 30 Meter zurückverlegt werden muss, direkt bis an die Hotels, um dann eine Dünenlandschaft zu schaffen. Oder ob man Wellenbrecher im Meer installiert, um den Strand zu schützen.
F: Bis diese Empfehlungen vorliegen, wird also nichts passieren?
A: Vermutlich leider nicht. Ich glaube, wir müssen unsere Gäste an folgenden Gedanken gewöhnen: Hier ist ein schmaler Küstenabschnitt, aber 200 Meter weiter ist ein breiter Strand. Darauf müssen wir uns einstellen, solange sie uns nichts anderes machen lassen.
F: Corona hat gezeigt, wie abhängig Cala Millor vom Tourismus ist – und wie verletzlich. Was sieht der Plan zur touristischen Entwicklung vor, den die Gemeinde jetzt verabschiedet hat?
A: Wir wollen weiter auf die Verlängerung der Saison setzen, durch noch mehr Sport- und Kulturveranstaltungen außerhalb des Sommers, wie etwa das Jugendfußball-Turnier East Mallorca Cup, das im April 5.000 Menschen angezogen hat. Vor allem mit Events, die es nicht überall gibt und die ein Alleinstellungsmerkmal bringen. Geplant ist zum Beispiel ein neues Feld für Beachvolleyball und Strandfußball in Sant Llorenç, auf dem dann internationale Turniere stattfinden können. Und das Tourismuskonsortium von Cala Millor soll einen dauerhaften Geschäftsführer bekommen, um kontinuierlicher handeln zu können. Bisher wechseln sich die Tourismusdezernenten der Rathäuser von Son Servera und Sant Llorenç alle zwei Jahre ab, das ist aber dauerhaft zu parteigefärbt.