22. September 2022

wenn der Teide ausbricht

 



Vulkan-Studie: Das passiert, wenn der Teide auf Teneriffa ausbricht


Wissenschaftler beschäftigen sich seit dem Ausbruch des Vulkans auf La Palma vor einem Jahr vermehrt mit der seismischen Aktivität auf den Kanarischen Inseln. Eine Studie zeigt nun, was bei einem Ausbruch des Teide passieren würde. Die Auswirkungen wären "verheerend".


Die größte Gefahr geht bei einem Vulkanausbruch auf Teneriffa für die Städte im Norden der Insel aus. Das sagt eine neue Studie. Der Süden und das dicht besiedelte Gebiet rund um Santa Cruz und La Laguna im Nordosten sind hingegen geschützter. Doch wie wahrscheinlich ist ein Ausbruch des großen Vulkans auf Teneriffa überhaupt?


Im Juli des vergangenen Jahres entdeckte das Nationale Geografische Institut IGN einen Erdbeben-Schwarm von 600 Mikrobeben in den Cañadas del Teide. Das Epizentrum lag südlich des Pico Viejo. Mit 3135 Metern ist er der zweithöchste Vulkan Teneriffas. Kurze Zeit später brach dann der Vulkan am Cumbre Vieja auf La Palma aus. Das ist nun ein Jahr her.


Forscher gehen davon aus, dass die Bewegungen durch Dampf- oder Wasserbewegungen im Inneren des Vulkans entstanden sind. Sie geben Entwarnung. Allerdings nur für den Moment.


Der Teide „ist ein wenig bekannter Vulkan, der angeblich ruht. Wir wissen, dass er sehr aktiv ist, dass er sich auf einen Ausbruch vorbereitet. Er wird es tun, ich weiß nicht wann, aber eines Tages wird er es tun.“ Das sagt Joan Martí. Der Geologe hat eine Studie geleitet, die nun im „Bulletin of Volcanology“ veröffentlicht wurde.


In dem Dokument sprechen die Wissenschaftler davon, dass der Teide-Pico-Viejo-Vulkankomplex (TPV) „einen der wichtigsten aktiven Vulkankomplexe in Europa darstellt“. Er werde allerdings „traditionell nicht als explosiv und als signifikante Bedrohung für die Insel Teneriffa angesehen“.

Teneriffas Vulkan: „Fehler“, dass der Teide nicht als Gefahr gesehen wird

Laut Martí sei das ein Fehler, denn die Ergebnisse seiner Studie „deuten darauf hin, dass die mit dem TPV verbundene Gefahr nicht zu vernachlässigen ist und sorgfältig berücksichtigt werden sollte, um das Vulkanrisiko Teneriffas zu quantifizieren“.

Unterdessen will Martí keinesfalls Unruhe stiften. Er weist deutlich darauf hin, dass es keine Hinweise auf einen nahen Ausbruch gebe. „Aber es ist ein Vulkan, der kontrolliert werden muss“. Denn wenn es zu einem Ausbruch komme, werde das „ohne Zweifel“ eine größere Katastrophe bedeuten als die von La Palma.

Wie wahrscheinlich ist ein Ausbruch des Teide auf Teneriffa?

Im Fall des Teide sei es besonders tückisch, dass der Vulkan unter dem Berg schlummere und den gesamten Nationalpark einnehme. Die Gefahr, die von Vulkanen mit langen Wiederkehrintervallen ausgeht, werde oft ignoriert. Und das sei ebenfalls ein Fehler. Denn wenn der Zeitpunkt komme, habe das oft zu großen Katastrophen geführt, erklärt der Wissenschaftler.

Doch wie wahrscheinlich ist ein Ausbruch überhaupt? Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, muss der Teide historisch betrachtet werden. Der jüngste Ausbruch liegt bereits Jahrhunderte zurück. In den vergangenen 12.000 Jahren passierte das 16 Mal. Der letzte große und explosive Ausbruch erfolgte wenige Jahre vor unserer Zeitrechnung.

Bericht der Teide aus? Wissenschaftler blicken auf das Jahr 2004

2004 ereignete sich dann eine Erschütterung, die in Fachkreisen Aufsehen erregte. In der Folge wurden viele Szenarien errechnet. Und die Berechnungsmodelle besagen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs ähnlicher oder größerer Stärke als vor gut 2000 Jahren in den kommenden 20 Jahren bei 2,1 Prozent liege.

In den dann folgenden Jahrzehnten steigt sie jedoch deutlich. Denn in den kommenden 50 Jahren liegt sie schon bei 5,1 Prozent und in den nächsten 100 Jahren steigt sie auf zehn Prozent. Und die Wahrscheinlichkeit eines kleineren Ausbruchs liegt bis zum Jahr 2060 sogar bei 11,1 Prozent.

Mindestens so wichtig wie die Berechnung der Wahrscheinlichkeit ist allerdings der Blick auf die Ausbruch-Szenarien. Und die betreffen insbesondere den Norden Teneriffas. Denn das Papier zeigt auf, dass die Täler von Icod de los Vinos und und La Orotava „den meisten direkten TPV-Risiken ausgesetzt sind, insbesondere den schwerkraftgetriebenen Strömungen“.

Teide-Ausbruch: Lava könnte Küste von Teneriffa erreichen

Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass die Lava die Küste erreichen würde. Das zeigen Vergleiche zu früheren Ausbrüchen. Dabei würde sie eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der 2034 Quadratkilometer großen Insel mit ihren mehr als 900.000 Einwohnern passieren.

Die Simulation zeigt demgegenüber, dass die Südflanke Teneriffas dank des Walls der Caldera Las Cañadas geschützt wäre. Gleiches gilt für den Nordosten der Insel, wo sich das größte Bevölkerungszentrum befindet. Santa Cruz de Tenerife und San Cristóbal de La Laguna liegen leicht erhöht und damit zumindest vor den von der Schwerkraft ins Tal abgehenden Lavaströmen geschützt.

Auch beim Eruptivgestein, also den Felsblöcken, die bei einem Ausbruch teilweise über viele Kilometer weit geschleudert werden, müssen Anwohner des Großraums um die Hauptstadt herum weniger Sorgen haben: Errechnet wurde, dass auch diese Felsgeschosse eher in der Caldera Las Cañadas, und im Bereich der Täler von Icod und La Orotava, landen würden.

Bei einem Ausbruch des Teide könnte die Lavadecke bis zu zehn Meter dick sein

Die Lava hingegen würde voraussichtlich eine hohe Viskosität und eine relativ niedrige Temperatur aufweisen. Das bedeutet, dass sie besonders langsam fließt. Dennoch könnte sie weite Strecken zurücklegen. Die Lavadecke würde dann bis zu zehn Meter hoch sein, errechneten die Wissenschaftler.

„Diese Gefahren würden heute leicht die am stärksten besiedelten Gebiete nördlich des TPV erreichen.“ Die Studie spricht allerdings auch davon, dass die Auswirkungen „im Falle plinianischer und subplinianischer Folgen“, also möglicherweise einhergehenden starken Eruptionen und Explosionen, „je nach Windrichtung auch andere wichtige Orte an den übrigen Flanken“ der Insel treffen könnte.

Asche würde bei Teide-Ausbruch bis nach Gran Canaria fliegen

Einhergehende Aschewolken könnten die Schließung der beiden Flughäfen zur Folge haben. Bei einem Ausbruch des Teide mit der Stärke 0 bis 4 – erst ab 5 gelten Ausbrüche als „sehr explosiv“ – würde die Wahrscheinlichkeit einer Schließung beider Flughäfen Teneriffas bei 20 Prozent liegen. Und die Schließung des südlichen Flughafens, der dem Vulkan näher ist, liegt bei 40 Prozent.

Allerdings sagt die Studie voraus, dass allen acht Flughäfen der Kanarischen Inseln bei einem Ausbruch des Teide die vorübergehende Schließung drohe. Schon beim jüngsten Ausbruch auf La Palma mussten die Flughäfen Teneriffas zeitweise gesperrt werden.

Während die Ascheschicht im Nordosten Teneriffas stärken von bis zu zehn Zentimetern Dicke erreicht, müssen La Gomera und Gran Canaria noch mit Ascheregen und Schichten von etwa einem Millimeter Höhe rechnen. Immerhin seien Schäden an Gebäuden nur in direkter Umgebung des Teide oder durch direkte Berührung mit Lava wahrscheinlich.

Teneriffa: Ausbruch des Teide nicht zwingend an dessen Spitze

Auch wenn beim Teide als immerhin höchstem Berg Spaniens stets die Spitze mit einem möglichen Ausbruch assoziiert wird, ist das längst nicht der einzige Ort, an dem es zum Äußersten kommen könnte: Die Studie weist darauf hin, dass die größte Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs entlang zweier Riftzonen liegt. Diese ragen an beiden Seiten des Berges in die Höhe.

Laut der Studie lautet die Frage längst nicht mehr ob der Teide ausbricht, sondern wann. Konkrete Anhaltspunkte, dass dies in näherer Zukunft geschieht, gibt es allerdings weiterhin ausdrücklich nicht.

Quelle: teneriffea-news.com